Die Levys oder
Die Vernichtung des Altfrechener Judentums
Egon Heeg, 1942 geboren, lebt nach kriegsbedingter Evakuierung seit 1945 in seinem Heimatort Frechen. Veranlasst durch sein Geschichtsstudium bzw. seinen damaligen Professor betreibt er seit Mitte der 1960er Jahre lokal- und regionalgeschichtliche Forschung. Prägenden Einfluss übten auf ihn hierbei zwei namhafte Historiker des damaligen Landkreises Köln aus: Fritz Wündisch und der Frechener Stadtarchivar Karl Göbels. Gerade mit letzterem arbeitete er viele Jahre eng zusammen. Seit Beendigung seines Studiums kam es im Laufe der Jahre infolge seiner umfassenden Recherchen zu zahlreichen orts- und regionalgeschichtlichen Veröffentlichungen (Bücher, Folgen, Einzelaufsätze). Bereits 1984 erhielt er das renommierte und begehrte Albert-Steeger-Stipendium des Landschaftsverbandes Rheinland für seine Frechener ortsgeschichtlichen Forschungen sowie seine regionalen Forschungen zur Frühgeschichte des Braunkohlenbergbaus. Seit 1969 erforschte er lokale und regionale Quellen zur Geschichte des Dritten Reiches. Er bekam sogar noch Einblick in Material, das heute teilweise verschollen ist. Ab 1989 knüpfte er zusätzlich intensive Kontakte zu den Überlebenden und Nachkommen der einstigen jüdischen Frechener sowie zu anderen Zeitzeugen. Das umfangreiche Forschungsmaterial konnte bisher nur punktuell in Einzelaufsätzen veröffentlicht werden. 1981-1984 erschien jedoch schon eine umfassende Abhandlung (Fortsetzungsserie) über die Auseinandersetzungen zwischen Hitlerjugend und katholischer Jugend in Frechen, die eine europaweite Resonanz auslöste. Bereits 2001 konnte sein Teilband 2 zur Geschichte der Juden in Frechen veröffentlicht werden (Restexemplare erhältlich beim Stadtarchiv Frechen, Hauptstr. 110-112, 50226 Frechen). Diesem folgt nun dieser Band 3.
Der Autor belegt in diesem Buch eindringlich die aktive Rolle der örtlichen Naziführer und ihres Umfeldes hinsichtlich der Verfolgung der Frechener Juden. Er zeigt, wie sie unter polizeistaatlichem Schutz mit Gewalt die Macht in der Gemeinde an sich rissen. Hatten sie schon vor dem 3. Reich einen exzessiven Judenhass gepredigt, so verfolgten sie 1933 sofort, d.h. vorauseilend, die hiesigen Juden und waren danach immer wieder bemüht, diese Minderheit zu bedrängen. Egon Heeg schildert aber auch beispielhaft das Verhalten anderer einzelner Frechener: das von Mitläufern der Nazis, von Denunzianten sowie andererseits das von charakterfesten Nazigegnern bzw. von mutigen Freunden und Helfern der Frechener Juden.
Trotz aller wissenschaftlichen Exaktheit gelingt es dem Autor, die damaligen Ereignisse lebensnah und fesselnd zu schildern; besonders durch die geschickte Verknüpfung mit der Lebensschilderung des Josef Levy, eines jüdischen Frecheners, der die Schrecken des Holocaust überlebte.
Inhalt:
VORWORTE ZUM BAND 3
„VORWORT“ VON JOSEF LEVY
BEVOR DIE NAZIS AN DIE MACHT KAMEN, 1919 – 1933
Die integrierte Frechener Judenschaft
Die gesellschaftliche Außenseiterrolle der Frechener Nazis
DIE JUDENVERFOLGUNG IN FRECHEN BEGINNT, 1933
Der 27. Februar 1933 - Der Tag, der alles ändert
Vorauseilender Terror der Frechener Nazis gegen hiesige Juden – willkürliche Verhaftung führender Juden
Der 1. April 1933 in Frechen – Reichsweite Boykottaktion der NSDAP
Das „Triumvirat“ oder: Die nächste Phase des vorauseilenden Terrors in Frechen
ERSTE BERUFLICHE UND GESELLSCHAFTLICHE AUSGRENZUNGEN DER JUDEN, 1933 – 1935
Die berufliche „Kaltstellung“ des Dr. Philipp Sternberg
Die örtliche Doppelstrategie zur gesellschaftlichen Isolierung der Juden
„Die Juden würden Deutschland niemals verlassen…“
Eine Versammlung des Jüdischen Zentralvereins Frechen
„Stiller Boykott“ im Dunkel der Nacht
Der „Kampf“ gegen die jüdischen Metzger und Viehhändler
IM ZEICHEN DER RASSEGESETZE – RÜCKSICHTSLOSE ISOLIERUNG UND VERDRÄNGUNG, 1936-1938
Der fanatische Kampf der „kleinen Hitler“ gegen ‚Volksverräter’ und ‚Staatsfeinde’
Die Kommunalbürokratie Frechens schafft die Grundlagen für die systematische Judenverfolgung
Die Verdrängung der jüdischen Viehhändler – 1936-38
DER NOVEMBERPOGROM, 1938
Tatorte
Kein Abbruch des Terrors trotz Aufrufs zur Einstellung
UNMITTELBAR NACH DER ‚POGROMNACHT’
„Dachau 1938“ begann auch in Frechen
Norbert Levy und Josef Baruch wollen ihre Söhne besuchen
„Entjudung“ und „Arisierung“ in Frechen
ENTRECHTETE ZWISCHEN HOFFEN UND VERZWEIFELN 1939 – 1941
Die Rückkehr aus der Hölle von Dachau
Adolf Voos als ‚illegaler’ Brikettjunge
Die Baruchbriefe –Berichte aus einem Kölner „Judenhaus“
DEPORTATION
Der "Abschied" von Köln
Die Ankunft in Riga
Der Massenmord in Riga am 30.11. und 8.12.41
In der Hölle des KZ Salaspils
Grenzenloser Terror in Salaspils
Das Getto in der Altstadt von Riga (Beschreibung)
Lebensmittelversorgung: „Sterbensrationen“
Max Gymnich - Der Kölner SS-Unterscharführer in Riga
Im Lager Jungfernhof
Die Auflösung des Gettos – beim Armeebekleidungsamt
„Deportationen" zurück ins Reich
Die Deportation von „jüdischen Mischehen“ bzw. „Mischlingen“
Das weitere Schicksal der Verfolgten aus „Mischehen“
ENDLICH WIEDER FREI
Die Befreiung – 1. Mai 1945
Der Retter im letzten Moment: Graf Folke Bernadotte (2.1.1895 - 17.9.1948)
Freiheit in Schweden und den USA
SCHLUSSWORT VON JOSEF LEVY
… UND DIE FRECHENER TÄTER?
NACHTRÄGE ZUM BAND 2
Ergänzungen bzw. neue Erkenntnisse: Weitere jüdische Frechener, die noch nach dem 30. Januar 1933 in Frechen lebten
Ergänzende Erkenntnisse und Korrigenda zu den Personen in Teilband 2
GEDENKBLATT
LITERATUR
ABBILDUNGSNACHWEIS
ANHANG
Hintergrundinfo 1 – Die „Nacht“ vom 30. zum 31. Januar 1933
Hintergrundinfo 2 – Dr. Toll
Hintergrundinfo 3 – Der 21. Juni: Die Machtergreifung im Kreis und in Frechen
Hintergrundinfo 4 – Quellenbeispiele: Zeitungsberichte 1947-50
ANMERKUNGEN
230 Seiten
zahlr. Abb., 21 x 29,7 cm, geb.
Hahne & Schloemer Verlag, Düren 2010
ISBN 978-3-927312-97-5
Preis: 19,50 €